Er klingt anspruchsvoll, der erklärte Schwerpunkt des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums der St. Ursula-Schule in Würzburg: „Einführung in soziale und politische Zusammenhänge und Erziehung zur Bereitschaft, soziale und politische Verantwortung zu übernehmen." So ist es auf der Homepage zu lesen.
Wie aber sieht die soziale Wirklichkeit aus, für die sich diese jungen Menschen künftig verantwortlich zeigen sollen? Die Höchberger Tagespflege gewährte 17 Schülerinnen der zehnten Klasse am 21. Juli einen Einblick in die Realität, wie sie sich jenseits des theoretischen Schulstoffs für ältere Menschen darstellen kann.
Gemeinsam mit ihrem Sozialkundelehrer, Oberstudienrat Harald Retsch, besuchten sie die Einrichtung am Höchberger Seeweg, um einen Vormittag lang aktiv das Leben der Senioren mitzugestalten. Es wurde vorgelesen, erzählt, gemeinsam gesungen, Essen vorbereitet, dekoriert und Gymnastik gemacht.
Individualität ist keine Frage des Alters
So individuell, wie sich Jugendliche dieser Generation selbst gern sehen, so individuell konnten sie die Bedürfnisse, alltagspraktischen und kommunikativen Fähigkeiten ihrer Gastgeber wahrnehmen. Die unterschiedlichen Pflegegrade und Charaktermerkmale stellen hohe Anforderungen an die Aufmerksamkeit und Empathie jener Personen, mit denen sie unmittelbar in Kontakt stehen. Manche ältere Menschen neigen dazu, wegzulaufen, andere können nicht ohne Hilfe aufstehen. Einige erzählen lebhaft von Erlebnissen früherer Tage, anderen fällt das Sprechen schwer. Viele zeigen sich herzlich, dankbar und lachen viel, einzelne wiederum wirken eher teilnahmslos.
Und so staunte manche Schülerin, mit welch liebevoller und professioneller Gelassenheit das Tagespflege-Personal diesen unterschiedlichen Persönlichkeiten gerecht wird. Es fielen Sätze wie: „Ich würde nie in ein Heim wollen, wenn ich alt bin. Aber hierher würde ich gern kommen."
Und so war der Vormittag ein gelungener Anlass, mit einigen Vorurteilen über alte Menschen aufzuräumen, aber auch, das eigene, mitunter schiefe Bild vom Pflegeberuf gerade zu richten und dessen gesellschaftliche Wertigkeit in neuem Licht zu betrachten.
Pflege braucht Anerkennung
Ein positives Fazit zog auch Harald Retsch. „Soziale Wirklichkeit spielt sich nicht nur auf der Sonnenseite ab. Dieser Tag hat aber gezeigt, wie qualifizierte Pflege und Lebensqualität direkt zusammenhängen. Die Menschen, die sich in diesem Beruf täglich einsetzen, verdienen Respekt und gesellschaftliche Anerkennung."
Dass beides dringend geboten ist, bekräftigt auch Barbara Endres, Leiterin der Höchberger Tagespflege. „Wir wünschen uns, dass solche generationsübergreifenden Aktionen dazu beitragen, Berührungsängste abzubauen und das Ansehen des Pflegeberufs aufzuwerten", betont sie. Und so findet sie immer wieder Wege, junge und alte Menschen auf unverkrampfte Art zusammenzubringen.
Die Menschen zusammenbringen
Dass dies auf vielfältige Art möglich ist, belegt beispielsweise auch eine Ausstellung der Kunstklasse der 9. Jahrgangsstufe der Höchberger Leopold-Sonnemann-Realschule. Denn die Bilder der Schüler sind nicht nur in der Tagespflege ausgestellt, sondern auch dort in unmittelbarer Gemeinschaft mit den Gästen entstanden.
So profitierten die Schüler, die vor Ort Anregungen für ihre Bilder fanden, genauso wie die Gäste der Tagespflege, die sichtlich die Aufmerksamkeit und Gesellschaft der Jugendlichen genossen haben. So kann gegenseitiger Respekt, Verständnis und die Integration zwischen Generationen gelingen.